Cross-Finger-Flap als Ultima Ratio zur Defektrekonstruktion an den Fingerbeugeseiten.

Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft = Journal of the German Society of Dermatology : JDDG(2023)

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摘要
Während kutane Tumoren, insbesondere Plattenepithelkarzinome, häufiger an Handrücken und Streckseiten der Finger auftreten, manifestieren sie sich eher selten palmar oder an der Beugeseite der Finger.1 Oberstes Ziel aller Operationen an der Hand, unserem wichtigsten Arbeitsorgan und sensomotorischen Tastwerkzeug, ist neben der vollständigen Entfernung von Tumoren der Erhalt der Greiffunktion und die Vermeidung von Kontrakturen. Aufgrund des anatomisch nur begrenzt zur Verfügung stehenden Hautreservoirs der Hand und vor allem der Finger werden an die Rekonstruktion größerer Defekte hohe Anforderungen gestellt. Bei Haut- und Weichteildefekten an der Palmarseite der Finger besteht immer die Gefahr einer Einschränkung der Funktion der Beugesehnen.2 Je nach Größe und Tiefe der Defekte stehen mehrere Möglichkeiten der Rekonstruktion zur Verfügung, die nach einer „rekonstruktiven Stufenleiter“ oder besser nach einem „rekonstruktiven Fahrstuhl“ ausgewählt werden.3 Der hier im Folgenden beschriebene Cross-Finger-Flap ist dabei eine Rekonstruktionsmethode aus der obersten Stufe. Hierzu wird bei Defekten der palmaren Grund- und Mittelphalangen Haut eines Fingers auf den Defekt eines benachbarten Fingers unter temporärem Erhalt einer Hautbrücke verlagert.4, 5 Bei einem 66-jährigen Patienten wurde an der Beugeseite des linken Zeigefingers ein G2-differenziertes Bowenkarzinom diagnostiziert (Abbildung 1) und in Leitungsanästhesie nach Oberst histographisch kontrolliert in sano exzidiert. Der Haut-Subkutis-Defekt konnte mit einem Vollhauttransplantat vom Oberarm verschlossen werden. Trotz perioperativer Antibiotikaprophylaxe und postoperativer Ruhigstellung der linken Hand kam es zu einer bakteriellen Superinfektion der Wunde durch Staphylococcus aureus mit anschließendem vollständigen Transplantatverlust. Nach Nekrektomie, intensiver lokaler desinfizierender Wundbehandlung, weiterer Immobilisation, lokaler Kühlung und kalkulierter Antibiotikatherapie mit Clindamycin kam es zum Abklingen der akuten Entzündungszeichen. Nach Säuberung des Wundgrundes wurde ersichtlich, dass den umschrieben freiliegenden Beugesehnen des linken Zeigefingers die peritendineale Bedeckung fehlte und der Defekt nunmehr eine Größe aufwies, die sowohl nach proximal als auch nach distal die Gelenkfalte des Mittelgliedes überschritt. Ein nochmaliger Defektverschluss durch ein Vollhauttransplantat war aus diesem Grund kontraindiziert. Wir haben die Rekonstruktionsmöglichkeiten mit dem Patienten ausführlich besprochen und ihm die weitere Versorgung in einer handchirurgischen Klinik angeboten. Dies wurde von ihm nach reiflicher Überlegung jedoch abgelehnt. Insofern wurde der Entschluss gefasst, den Hautdefekt durch einen Cross-Finger-Flap von der Streckseite des angrenzenden Mittelfingers zu verschließen (Abbildung 2a). Üblicherweise erfolgt der Eingriff in Leitungsanästhesie nach Oberst, Mittelhandblock oder axillärer Plexusanästhesie. Auf ausdrücklichen Wunsch unseres Patienten wurde die Operation jedoch in Allgemeinanästhesie und das Heben und Einnähen der Lappenplastik unter Zuhilfenahme einer Lupenbrille durchgeführt. Nach dem Anlegen von Blutsperren an Zeige-und Mittelfinger wurde die Hautlappenplastik mittels Schablone in den erforderlichen Abmessungen an der Streckseite des Mittelfingers der linken Hand markiert. Der Umschlagpunkt des Lappens sollte dabei auf Höhe der Mediolaterallinie gewählt werden, um den die axialen Fingergefäße umgebenden subdermalen Plexus nicht zu kompromittieren. Danach wurde der Lappen an drei Seiten umschnitten, wobei die Seite in Richtung des betroffenen Zeigefingers nicht inzidiert werden darf. Schrittweise erfolgte dann die Lappenpräparation von der Dorsalaponeurose des Mittelfingers unter Erhaltung der lateralen Hautbrücke (Abbildung 2b). Dabei muss genau darauf geachtet werden, das Paratenon nicht zu verletzen. Der gut mobilisierte Hautlappen konnte wie eine Buchseite am Mittelfinger aufgeschlagen und unter den defekttragenden Zeigefinger geschoben, genau eingepasst und mit 5/0 monofilen, nicht resorbierbaren Fäden eingenäht werden (Abbildung 2c). Auf einen etwa 1 cm breiten Spielraum der Hautverbindungsbrücke zwischen Spender- und Empfängerfinger wurde geachtet. Der Hebedefekt an der Streckseite des betroffenen Mittelfingers wurde durch ein vom lateralen Oberschenkel links entnommenes Spalthauttransplantat gedeckt und mittels Überknüpfverband versorgt (Abbildung 2d). Postoperativ wurde die Hand auf einer volaren Lagerungsschiene ruhiggestellt. Durch die iatrogen verursachte Syndaktylie zwischen Zeige- und Mittelfinger konnte der Cross-Finger-Flap über einen Zeitraum von 4 Wochen ortsständig einheilen (Abbildung 3a). Auch das Spalthauttransplantat über dem Hebedefekt heilte komplikationslos ein. Ab der dritten postoperativen Woche wurde mit einem Kompressionstest zur Beurteilung der Lappendurchblutung begonnen. Dazu wurde die Lappenbasis manuell komprimiert und die Perfusion des Cross-Finger-Flap beobachtet. Bleibt das Kolorit des Lappens erhalten oder sind nur geringfügige Differenzen zur benachbarten ortsständigen Haut zu verzeichnen, ist der geeignete Zeitpunkt zur Lappendurchtrennung gekommen. Im vorliegenden Fall war dies nach Ablauf der vierten postoperativen Woche möglich. In einem zweiten Eingriff wurde dann die Hautbrücke zwischen Mittelfinger und Zeigefinger mit dem Skalpell getrennt. Die Wunden an beiden Fingern ließen sich spannungsfrei mit Einzelknopfnähten mit nichtresorbierbarem Nahtmaterial 5/0 verschließen (Abbildung 3b). Der Heilungsverlauf gestaltete sich komplikationslos. Um die vollständige Beweglichkeit des linken Zeigefingers wiederherzustellen, wurde abschließend Physiotherapie verordnet. Bei der letzten Nachuntersuchung zwei Jahre nach der Operation waren sowohl der Cross-Finger-Flap ventral am Zeigefinger als auch das Spalthauttransplantat am Mittelfinger dorsal komplett eingeheilt. Beide Finger waren ohne Einschränkungen in Beugung und Streckung voll funktionstüchtig (Abbildung 3c–e). Die Rekonstruktion palmarer Mittelglieddefekte folgt dem Prinzip einer „rekonstruktiven Stufenleiter“.2 Zur ersten Stufe gehören der primäre Wundverschluss oder auch die Heilung per secundam intentionem, die durchaus gute funktionelle und kosmetische Ergebnisse ermöglicht.6 In der zweiten Stufe kommen Hauttransplantationen zur Anwendung. Diese sind jedoch nur zielführend, wenn Gefäß-Nerven-Strukturen nicht verletzt und die Sehnenscheiden intakt sind.1 Bei der Rekonstruktion palmarer Fingerdefekte sollten dabei möglichst Vollhauttransplantate verwendet werden, da diese über eine höhere mechanische Belastbarkeit verfügen.2 Die dritte Stufe beinhaltet lokale Lappenplastiken. Speziell bei kleineren Defekten des palmaren Mittelgliedes kommen zum Beispiel die palmare Translationslappenplastik nach Hueston oder die laterale Insellappenplastik nach Rose in Betracht.1 Im vorgestellten Fall waren diese Lappenplastiken jedoch aufgrund der Defektgröße nicht praktikabel. In der letzten Stufe werden dann Fernlappenplastiken, wie der hier vorgestellte Cross-Finger-Flap, angewendet.2 Die Erstbeschreibung eines heterodigitalen Lappens zur Defektrekonstruktion an der Ventralseite der Finger erfolgte im Jahr 1950 durch Gurdin und Pangman.4 Die Bezeichnung der Technik als Cross-Finger-Flap geht auf Cronin zurück.5 Seither wurden eine Reihe von Modifikationen beschrieben, jedoch gilt das Verfahren nach wie vor als „Arbeitstier“ in der Rekonstruktion traumatischer und nichttraumatischer Fingerdefekte.7 Da der Cross-Finger-Flap in der hier dargestellten, ursprünglichen Technik asensibel ist, kommt er bevorzugt an der Palmarseite der Langfinger außerhalb der Fingerbeeren zur Anwendung. Die Haut der Rückseite des Spenderfingers wird hauptsächlich über den Dorsalast der Arteria digitalis palmaris propria versorgt und besitzt einen ausgeprägten dermalen und subdermalen Gefäßplexus, sodass nach Durchtrennung des Lappens seine Durchblutung suffizient sicherstellt wird.8 Als Spenderfinger kommt für Zeige- und Kleinfinger nur der Nachbarfinger infrage. Für Deckungen am Mittel- und Ringfinger wird der Finger als Spender gewählt, der eine Immobilisierung in günstigerer Position ermöglicht.8 Der Cross-Finger-Flap bietet eine verlässliche Weichteildeckung mit sehr guten funktionellen Ergebnissen.2, 9 Der größte Nachteil ist sicherlich die zweizeitige Prozedur mit einem Intervall von 2–4 Wochen, in dem durch die iatrogene Syndaktylie nur eine eingeschränkte Nachbehandlung möglich ist.10 Unbedingt erwähnt werden muss auch die mögliche funktionelle und ästhetische Morbidität des Hebeareals, die vom Verlust des Transplantates bis zur Versteifung eines vormals gesunden Fingers reichen kann. Für den Verschluss von Hebearealen der dorsalen Finger sind sowohl Vollhaut- als auch Spalthauttransplantate möglich, wobei ersteren der Vorzug gegeben werden sollte.9 In beschriebenen Fall haben wir uns nach dem Transplantatverlust nach Erstexzision für ein Spalthauttransplantat entschieden. Letztlich sind im vorgestellten Fall sowohl der Cross-Finger-Flap als auch das Spalthauttransplantat komplikationslos eingeheilt und führten zu keinerlei funktionellen Einschränkungen. Nach einer Nachbeobachtungszeit von 2 Jahren ist bislang auch kein Tumorrezidiv aufgetreten. Zusammenfassend möchten wir darauf verweisen, dass die hier dargestellte Technik zur Rekonstruktion von Defekten der Fingerbeugeseiten primär eine Domäne der Handchirurgie darstellt und auch aus forensischen Gründen nur bei genauer Kenntnis und entsprechender Erfahrung des Operateurs zur Anwendung kommen sollte. Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL. Keiner.
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<i>cross‐finger‐flap</i>
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